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Bericht von 1303
Bericht von 1937



Ein Bericht aus dem Jahre 1937


Oestlich des malerischen Marktplatz steht die Kirche St. Petri u. Pauli. Sie wird zuerst in einem Sühnebriefe von 1301 erwähnt, in welchen ein Theodoricus, welcher die "ecclesia S. Petri in Wißense" durch Blutvergießen freventlich entweiht hatte, sich verpflichtet, derselben jährlich 3 Pfund Wachs zu geben. Im Jahre 1303 wurde der Knabe Konrad Bächerer unter dem hohen Chore begraben. Das hohe Chor ist gotisch, aber Mauer und Gesimsteile an der westlichen Giebelseite, insbesondere ein Rundbogenfenster und 2 eingemauerte Rosetten aus Sandstein lassen darauf schließen, daß das ursprüngliche Schiff eine romanische Basilika, die 2 niedere Abseiten hatte, gewesen sein muß. Vergebens sucht man einen Kirchturm. Sie ist aber keineswegs turmlos erbaut worden. Am östlichen Ende vor dem Presbyterium soll ein Doppelturm gestanden haben. Ernst Pfister spricht in seiner uns handschriftlich hinterlassenen Chronik aber nur von "einen" Turm, aber auch seine Rekonstruktion von Petri und Pauli, die sich auch in seiner Chronik befindet, kennt nur einen auf dem Dache sitzenden Turm. Daß tatsächlich aber nur "ein" Turm vorhanden gewesen sein kann, ergibt sich auch aus einer alten Niederschrift vom 2.2.1619, nach der "ein ehrbar, wohlweiser Rath mit Zuschuß und Rath eines ehrwürdigen Ministerio, sowohl auch des Herrn Amtschössers Melchior Heidenreich" das Kirchengebäude in einen besonderen Zustand gebracht werden sollte:

1.) "soll um aller Gefahr willen 'der' Thurm abgebrochen und die Glocken auf den Kirchhof gehängt werden;
2.) soll die Mittelmauer abgetragen werden;
3.) sollen die beiden Giebel, der nach dem Pfaffenhofe und der nach der Kirchstraße abgetragen werden". (Vergl. Rep. Dep. Weißensee Titel XV Nr. 21 S. 1/2)

Im Jahre 1331 zerstörte eine große Feuersbrunst, das Kirchengebäude bis auf das hohe Chor.
Nach dem Tode Herzogs Georg führte der Herzog Heinrich der Fromme die Reformation im Jahre 1539 ein. Die 2 Kirchen St. Anna und St. Jacob, die außerhalb lagen, aber auch die Kirche St. Nicolai, die damals "Gottesackerkirche" war, wurden eingezogen und ihre Einkünfte zu Petri und Pauli geschlagen, an der nunmehr 1 Superintendent, 2 Diakone, 1 Kirchner, ferner bei der Mädchenschule endlich 1 Lehrer bestellt wurden.
Am 25. Juli 1610 schlug der Blitz in das hohe Chor, zündete jedoch nicht. Nach der Niederschrift vom 2.2. 1619 sollte weiter die Mauer nach der "Kirchstraße" abgetragen und anstelle der hölzernen Pfeiler eine ganze lange Mauer bis an das Chor gemacht werden, aber auch die Mauer nach dem Pfaffenhofe sollte bis an das Chor gemacht werden, damit Petri und Pauli "zwo gleiche Mauern zu beiden Seiten haben sollte". Die Steine, die man brauchte, hat man von den "Meistern von Salza" bezogen. (Vergl. Rep.Dep.Weißensee Titel XV Nr. 22 S. 12) Der Gottesdienst mußte im Sommer 14 Wochen in St. Nicolai sein. Das Chor ist wahrscheinlich im 14. Jahrhundert erbaut worden; gleichzeitig dürfte auch das Schiff als gotischer Hallenbau neu begonnen, aber dennoch nur teilweise fertig geworden sein. Denn bei der Kirchenvisitation im Jahre 1575 - auch Philipp Melanchton hat die Kirchen zu Weißensee visitiert - wurde verordnet, daß die mitternächtliche Seite erhöht werden sollte. Dennoch dürfte erst 1619 wirklich mit den Bauarbeiten begonnen worden sein. Größere Bauarbeiten sind weiter 1681 und 1691 vorgenommen worden. Insbesondere hatten die Gewölberisse über dem Chor den Superintendenten Stißern veranlaßt, das Chor neu zu bauen. Durch Vertrag vom 8.6.1691 wurde dem Meister Georg Siegert aus Erfurt Auftrag erteilt, ein neues Kreuzgewölbe herzurichten. (Rep.Dep.Weißensee Titel XV Nr. 54). Der ursprünglich romanische Baustil ist infolgedessen in alle herrschenden Stile umgewandelt worden. Uebrig geblieben ist nur das hohe Chor. Das hohe Chor ist 14 m und besteht bis zu dem Halbachteckschlusse. Es hat eine lichte Weite von 9,3 m und 20,4 m Länge. Dieser Teil der Kirche soll zugleich für den Gottesdienst der Brüder des Johanniter-Ordens bestimmt gewesen sein. Deshalb dürfte der mit einem gerippten Kreuzgewölbe überspannte Jochen so auffallend groß erbaut worden sein.

In der Mitte des Schiffs sind die Frauenstühle. Zu beiden Seiten sind Emporen, wo die Männer sitzen. Auf der unteren Nordempore hatten die Johanniter später ihre Stühle. Auf Betreiben des Superintendenten und des Amtsschössers genehmigte das Fürstliche Sächsische Konsistorio in Magdeburg am 27.11.1673, daß an der Stelle, wo die Johanniter saßen, der "Amtsstuhl", der mit dem landesherrlichen Wappen versehen, errichtet wurde. (Vergl.Rep.Dep.Weißensee Titel XV Nr. 46). Oestlich davon wurde der "Rathsstuhl" erbaut, aber auch Patrizierfamilien errichteten sich besondere Stühle.

Rings um die Emporen sieht man rechteckige Oelbilder, die Köpfe und Begebenheiten aus dem alten Testament darstellen. Aehnliche Bilder sind in Danzig auch auf der Pfeilerbespannung von St. Marien, aber auch in St. Johann und in der Annakapelle in der Trinitatiskirche befinden sich an der großen Orgel und an der Empore ganz vergleichbare Darstellungen. Die Namen der Meister sind nicht bekannt.

Die Fußgesimse der beiden Längsseiten des jetzigen Schiffes sind verschieden; man kann deshalb annehmen, daß sie aus verschiedenen Bauzeiten herrühren. Die Strebepfeiler, die man auf beiden Seiten sieht, deuten auf eine beabsichtigte Einwölbung des Schiffes hin; sie ist aber nicht zu Stande gekommen, vielmehr hat man schließlich eine cassetierte Bretterdecke eingezogen. Im Jahre 1893 wurden die alten Fenster herausgenommen und Bleiglasfenster, deren Malereien seitdem Petri und Pauli schmücken, eingesetzt. Zu beiden Seiten führen 2 Treppenaufgänge in das Schiff, der südlichere ist davon der architektonisch wertvollere. Auf der Nordseite führt etwas östlich zu ebener Erde noch der "Pfaffengang" hinein, während der Haupteingang aber auf der Westseite ist. Dem Haupteingang gegenüber steht der Altar, den ein reicher, in Schnitzwerk ausgeführter, innerlich vergoldeter Flügelschrein schmückt; in der unteren Reihe nimmt Maria mit ihrem Kinde Jesus die Mitte ein, neben ihr stehen auf jeder Seite 6 Heilige, während in der oberen Reihe zwischen je 5 Heiligen die Krönung Christi dargestellt ist. Die Seitenklappe links enthält eine Darstellung des heiligen Abendmahls, die rechte Seite stellt das Gebet am Oelberg vor. Ueber diesem Schrein steht nun noch unter einem sehr fein geschnitzten Oberstück ein anderer Schrein, in welchem die Grablegung in vielen geschnitzten Figuren dargestellt ist; auf der linken Seitenklappe ist Laurentius mit dem Rost und auf der rechten Seite Petrus mit dem Schlüssel. Schnitzwerk und Gemälde sind von dem Maler und Holzschnitzer Michel Wolgemuth, geb. 1434 in Nürnberg, gest. 30.11.1519 in Nürnberg. (Vergl. Aeltere Akten des Pfarramtes Weißensee)
Michel Wolgemuth war der Lehrer von Albrecht Dürer, dem Begründer der neuen deutschen Malerei, Kupferstecher, Formschneider und Bildhauer. Im Jahre 1830 mußten die wertvollen Malereien und Schnitzereien gereinigt werden. Die Reinigung erfolgte durch den Gemälderestaurateur Jacob Beyer aus Beiern für 49 Taler, wozu der Kaufmann Georg Götz und dessen Ehefrau von den 50 Talern, die sie zur Orgelreparatur bestimmt hatten, 25 Taler hergaben.

Das von der Familie des Superintendenten Gregor Jostelius im Jahre 1563 gestiftete Oelgemälde stellt die Auferstehung Christi in Verbindung mit dem mittelalterlichen Typus: Jonas, dem Fische entsprungen, hat sich auf das Land geflüchtet, dar. Anläßlich der 100jährigen Jubelfeier der Augsburger Confession vom 25.-27. Juni 1630 und zur Errinnerung davon, wurde das lebensgroße Bildnis D. Martin Luthers über der Treppe zur Kanzel aufgehängt. Hier ist noch die im Jahre 1857 zur Erinnerung an den Königl. Dänischen Missionarius und designierten Probst Mag. Johannes Ernst Gründler, geb. 7.4. 1677 in Weißensee, gest. 19.3.1720 zu Transibar auf der Küste Coromantel, der sich um die Verbreitung des Christentum sehr verdient gemacht hat, angebrachte Tafel. Die Kanzel steht an der Südwand. Sie ruht auf einer aus Holz geschnitzten Apostelfigur und ist von einem feinen Schnitzwerk überdacht. Vor der Kanzel ist aber auch noch ein Grabmal von 1565, das den Superintendenten Johannes Schönburg, den Nachfolger von Gregor Jostelius, darstellt. Zu seinen Füßen ist sein Wappen, das einen nackten Mann, der in der rechten Hand eine Mondsichel emporhält, zeigt.
An der Westwand ist zwischen der unteren und oberen Empore die im Jahre 1624 von dem Orgelbauer Gerützscher aus Eisleben erbaute Orgel.

Die Steine, die von dem Turm, der 1619 abgenommen worden ist, übrig sein sollten zu " einem Thurm, welcher vorne ohne Dach dem Markte zu kommen soll" genommen werden ( Vergl. Rep. Dep. Weißensee Titel XV Nr.21 S. 1/ 2). Der daraufhin errichtete Glockenturm mußte aber 1774 wegen Baufälligkeit schon wieder abgebrochen werden. ( Vergl. Rep. Dep. Weißensee Titel XV Nr.97 ). An der Stelle, wo er 1619 erstmalig errichtet wurde, steht nun der 1774 errichtete Glockenturm, in dem die Glocken hängen. Die kleinste, aber älteste, ist die am 23. 8.1326 gegossene Glocke, die 1,02 m Durchmesser hat. Die große Glocke von 1,54 m Durchmesser ist 1582 gegossen worden und hat Ps.50, 5-7 als Inschrift, die mittlere (Festglocke) von 1,51 m Durchmesser ist 1614 gegossen worden und mit dem Stadtwappen sowie den Namen der Geistlichen und des Bürgermeisters versehen. Am 30.9.1918 wurde die große Glocke abgenommen und zerschlagen; ihr Gewicht betrug annährend 41,5 Zentner (stimmt nicht, die mittlere wurde verschrottet, Anm d. Red.)
Allsonntäglich, aber auch an den kirchlichen Festtagen ertönt überall hörbar ihr Geläut, mit dem sie uns in unsere schöne Kirche St. Petri u. Pauli rufen.




 
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