Wenn
Sie den Marktplatz in westlicher Richtung an der Apotheke vorbei verlassen,
gelangen Sie nach ein paar Schritten zur geschichtsträchtigsten
Sehenswürdigkeit Weißensees, der mittelalterlichen Burg.
Die Runneburg, die als einer der bedeutendsten erhaltenen Profanbauten
Mitteldeutschlands gilt, wurde erstmals in der Reinhardsbrunner Chronik
aus dem 14. Jahrhundert erwähnt. Laut Chronik begann Landgräfin
Jutta, die Halbschwester des Kaisers Friedrich Barbarossa und Frau des
Landgrafen Ludwig des Eisernen (1140 - 72), um 1168 mit dem Bau eines
Schlosses bei Weißensee, das als Zwischenstation zwischen der
Wartburg und der Neuenburg bei Freyburg dienen sollte. Zu diesem Zeitpunkt
dürfte die Burg jedoch schon eine stattliche Anlage gewesen sein,
so daß um 1168 ein Um- und Ausbau begonnen wurde.
Ausgrabungen ergaben, daß vor den steinernen Aufbauten bereits
im 11. Jahrhundert eine Wallburg bestanden haben muß, erst zu
Beginn des 12. Jahrhunderts dem Wall die heutige Burgmauer vorgeblendet
wurde und ein Palasbau hinzukam.
Aus
der Blütezeit Thüringer Romanik stammen der jetzt noch fünfgeschossige
Wohnturm, der sich östlich anschließende dreigeschossige
Palas, das Burgtor und verschiedene Teile der Burgmauer. Der Turm der
Burg war ursprünglich etwa 10 Meter höher. Er wurde im 18.
Jahrhundert abgetragen und mit einem Haubendach versehen. Im Anschluß
an den Turm befand sich um 1200 nach Norden hin ein massives Gebäude,
dessen Bestimmung bis heute noch nicht eindeutig geklärt ist. Unter
diesem fand man eine romanische Steinofen-Luftheizung, die den darüberliegenden
Raum mit Warmluft versorgte. Diese Ofentypen gehen auf die römischen
Hypocausten-Heizungen zurück und sind in mittelalterlichen Profanbauten
äußerst selten anzutreffen. Deshalb beweist das Vorhandensein
einer solchen Heizungsanlage die herausragende Stellung, die die Runneburg
unter den Thüringer Burgen im Mittelalter einnahm. Im ersten Obergeschoß
legte man Anfang der achtziger Jahre eine romanische Astsäule frei.
Diese Entdeckung galt in Fachkreisen als bauachäologische Sensation.
Die Säule schließt mit einem schönen Weinrankenkapitell
ab, das in seiner Ausführung als Meisterwerk staufischer Steinmetzkunst
bezeichnet werden kann. Vor dem Palas ist 1989 ein Brunnen entdeckt
worden, der wahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts
stammt. Bevor die Burg ab 1554 zum Renaissanceschloß umgestaltet
wurde und der Frau des sächsischen Kurfürsten Moritz als Witwensitz
diente, rückte sie noch einige Male in den Blickpunkt deutscher
Geschichte. 1180 schlug Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen,
das Heer der Thüringer vor Weißensee vernichtend und nahm
Landgraf Ludwig III. und dessen Bruder Hermann für ein Jahr in
Gefangenschaft.
Nach
dem Tode Ludwigs erhielt Hermann I. die Landgrafenwürde und wurde
1204 in Weißensee von Stauferkönig Philipp von Schwaben
belagert. Zu diesem Zeitpunkt muß die Burg bereits so stark
befestigt gewesen sein, daß sie einem königlichen Heer
trotzen konnte. Als Hermann auch noch Hilfe vom böhmischen König
Ottokar bekam, mußte Philipp erfolglos abziehen.
Im Jahre 1212 kam es noch einmal zu einer großen Belagerung
durch Kaiser Otto IV. Damals setzte man den Tribock, eine Art gewaltiger
Steinschleuder, erstmals auf deutschem Boden ein. Der Kaiser schrieb
am 30. 6. 1212 in einem Brief an seinen Freund, den Patriarchen von
Aquileja, in dem er Weißensee bereits als Stadt bezeichnete,
daß er hoffe, diese bald einnehmen zu können. Zur Besetzung
ist es aber trotz größter Anstrengungen nicht gekommen.
Im Bauernkrieg 1525 verschanzte sich der gesamte Adel der Gegend vor
den revoltierenden Massen auf der Burg. Ein letztes Mal wurde Weißensee
in militärischem Zusammenhang genannt, als Karl XIl. von Schweden
1707 im Nordischen Krieg gegen das sächsisch-polnische Koalitionsheer
bis hierher vordrang.
Zur Zeit finden auf der Burg intensive Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten
statt.