Unter
der Herrschaft Landgraf Hermann I. von Thüringen (Ludowinger) wird
1198 in Weißensee ein Marktmeister Helmerich genannt In dieser
Zeit entstand wohl auch das Rathaus, ein turmartiges Steinhaus.
Noch heute zeugen romanische Elemente von dieser Kultur. Der rundbogige
Südeingang aus dieser Zeit versetzt zugleich in eine andere Stimmung.
Ein paar Schritte weiter verläuft rechts eine Steintreppe, ehemals
ins Obergeschoß. Diese Steintreppe gehört zu den Seltenheiten
eines solchen zweckdienlichen Bauwerkes, höchstens in Burgen und
Pfalzen lassen sich ähnliche Treppen finden, ansonsten waren die
Treppen aus Holz. Ein paar Schritte weiter, betritt man einen aufwendig
gestalteten Raum mit zwei Jochen kreuzgratgewölbt und Konsolen.
Ein großer Kamin in der Nordostecke beheizte den Raum. Erhalten
hat sich im Mauerwerk eine ausgesparte Rundnische, sowie der Rauchabzug.
An der nördlichen Hausfront tritt der Kaminverlaufaus der sich
verjüngenden Mauer. Wahrscheinlich war dies der Amtsraum des Marktmeisters.
Inzwischen vor dem Rathaus stehend, können verschiedene Bauepochen
bemerkt werden. Der Kernbau wurde im 15.Jahrhundert nach Osten (Ratskeller),
Westen (Kämmerei/ Münze)und Süden (Marstall) erweitert.
Im Jahre 1547 wurde Weißensee zur kurfürstlichen Stadt, unter
der Herrschaft Sachsens, erhoben. Diese Ehrung spiegelt sich in manch'
äußeren Schmuck wieder. Da ist die Wappentafel, direkt am
Balkon angebracht. Farbenfreudig leuchtet das Wappen des Herzogtums
Sachsen zwischen Thüringer Löwen und den Weißenseer
Fischen auf. Das Original befindet sich im Rathaussaal. Zwei der Wappen
lassen sich auf einem Türblatt wieder finden, in einem reich geschnitzten
Bogenfeld. Die Inschrift kann heute noch zu denken geben. (Übersetzung
aus dem Lateinischen: "Richtet richtig und gerecht ihr Menschenkinder
nach dem Gesetz und für die Herde")
Neben dieser nördlichen Eingangstür befindet sich ein bleiverglastes
Fenster mit Motiv eines Merianstiches von 1635.
Begeben
wir uns in das Obergeschoß, in den Rathaussaal, so umfängt
Sie eine warmherzige Festtagsstimmung. Herrschaftliche Arkadenbögen
aus dem Jahre 1570 teilen den Raum. Eine bemalte Holzbalkendecke,
1907 von dem renommierten Kunst- und Kirchenmaler Fritz Braue gestaltet,
gibt den Raum sein Gepräge. Dieser anerkannte Künstler aus
Halle fertigte auch ein großformatiges Gemälde mit Stadtansicht
von Weißensee an, welches im Saal zu betrachten ist. Der Merianstich
aus dem Jahre 1650 diente als Vorlage. Und nicht zu vergessen, die
repräsentativen Türbekrömmgen, auch sie sind von F.
Braue. Weitere Bildnisse zweier Herzöge und einer Herzogin prangen
an den Wänden. Es handelt sich einerseits um Herzog Georg von
Sachsen, der den Weißenseer Bürgern Anfang des 16.Jahrhunderts
zeitweilig Steuern erließ und um Herzog August nebst Gemahlin
Herzogin Anna von Sachsen. Bemerkenswert ist, daß alle drei
Gemälde seit Mitte des 16. Jahrhunderts im Rathaus hängen.
Nun dieser besondere Saal bekommt auch im praktischen Sinn seine Bestimmung.
Hier werden u.a.Trauungen vollzogen.
Vom Saal geht es direkt in den westlichen Kämmereianbau/Münze
von 1474. Dort kann man zwei Renaissance-Portale besichtigen. Schriftquellen
belegen einen Münzmeister "Heidenricus Monetarius"
im Jahre 1272, auch Fundmaterialien bezeugen Weißensee als Münzprägestadt.
Diese Tatsache weißt auf die große Bedeutung des Ortes
im Mittelalter hin. Der spätgotische Marstallanbau im Süden,
ebenfalls aus dem 15.Jahrhundert, beheimatet heute die "Ratsbrauerei".
Das erste deutsche Reinheitsgebot für Bier fand in Weißensee
seinen Ursprung, so wird man dieser Tradition gerecht und braut weiter.
Es ist wirklich erstaunlich, wie dieses Haus über 800 Jahre seiner
Bestimmung treu geblieben ist. Und auch zukünftig wird es vom
Bürgermeister und seinen Ratsleuten belebt werden.